GenZ versus
Babyboomer

Schluss mit Klischees: Warum 6 Grundbedürfnisse wichtiger sind als Generationenzugehörigkeit

GENERATIONENKLISCHEES_GENZ, GENERATION Z, GRUNDBEDÜRFNISSE, ARBEITGEBERATTRAKTIVITÄT, HR TRENDS 2025, NEW WORK, JOBWECHSEL, MITARBEITERMOTIVATION, FACHKRÄFTEMANGEL, EMPLOYER BRANDING, POTENZIALENTFALTUNG

Jobhopping, Sinnsuche, geringe Loyalität?

Wenn wir über die sogenannte Generation Z sprechen, liest man oft dieselben Schlagworte – häufig in einem wertenden Ton. Doch was passiert, wenn wir diesen Diskurs einmal verlassen? Wenn wir aufhören, Verhalten mit dem Geburtsjahr zu erklären – und stattdessen nach dem Grundbedürfnis fragen, das dahinterliegt?

Genau das ist nötig. Denn viele Missverständnisse im HR-Bereich entstehen nicht aus einem Generationenkonflikt – sondern aus einem Denkfehler.

Der Denkfehler in der Generationen-Debatte

Das ZDF veröffentlichte im März 2024 eine Umfrage, laut der fast 60 % der 20- bis 29-Jährigen (Gen Z) aktiv einen Jobwechsel erwägen. Die mediale Reaktion: Kritik an mangelnder Loyalität, kurzfristigem Denken und zu hohen Ansprüchen.

Doch diese Reaktionen greifen zu kurz.

Was hier oft fehlt, ist der Kontext: Die demografische Lage auf dem Arbeitsmarkt hat sich massiv verändert. Während die Babyboomer einen extrem hohen Wettbewerbsdruck erlebten – viele Bewerber:innen auf wenige Stellen –, herrscht heute in vielen Branchen akuter Fachkräftemangel. Der Wettbewerb ist also nicht mehr zwischen Talenten, sondern zwischen Arbeitgebern.

Und das hat Konsequenzen.

Wettbewerb verändert Prioritäten

Nehmen wir das Beispiel der Babyboomer: Für diese Generation war das Grundbedürfnis nach Sicherheit (z. B. Festanstellung, gutes Gehalt, langfristige Perspektive) oft höher priorisiert als das nach Einzigartigkeit (z. B. Purpose, individuelle Entwicklung, Selbstverwirklichung) – schlicht, weil sie im Wettbewerb keine andere Wahl hatten.

Heute sieht das anders aus. Junge Menschen haben mehr Optionen und können damit auch andere Grundbedürfnisse in den Vordergrund stellen.

Die Frage, die wir uns stattdessen stellen sollten

Anstatt in Schubladen zu denken, sollten wir zwei Dinge priorisieren:

  1. Wie hoch ist der Wettbewerb in der jeweiligen Branche?
    In einem Bewerbermarkt steigen die Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung – in einem Arbeitgebendenmarkt sind andere Werte gefragt beziehungsweise können manche Grundbedürnisse priosiert werden, die in einem harten Bewerberwettbewerb niemals zum Tragen kämen.

  2. Welches Grundbedürfnis steht beim Einzelnen gerade im Fokus?
    Ob Sicherheit, Wachstum, Einzigartigkeit, Verbindung, Geben oder Freiheit – diese Bedürfnisse sind universell, aber in ihrer Gewichtung individuell verschieden.

Karrierewege neu denken: Vom „Gen“ zum „Grund“

Organisationen, die langfristig erfolgreich sein wollen, sollten sich weniger an vermeintliche Generationenmerkmale klammern – und mehr darauf fokussieren, wie sie Grundbedürfnisse mit dem individuellen Potenzial (oder wie wir es nennen: Treasure Value) ihrer Mitarbeitenden verbinden können.

Das bedeutet konkret:

  • Karrierepfade flexibel gestalten

  • Optionen für die 6 Grundbedürfnisse Wachstum, Sicherheit, Freiheit, Geben, Verbindung, Einzigartigkeit bieten

  • Menschen gezielt fragen: Was brauchst du gerade, um dein Bestes geben zu können? Was ist dir am Wichtigsten (Fragen, die gezielt in Richtung der Grundbedürfnisse gehen, beispielsweise bei Sicherheit als wichtigstes Bedürfnis würden Fragen mit einem Hintergrund zu Konstanz, Gehalt, Beständigkeit passen.

Fazit: Schluss mit dem Etikettieren

Die Generation-Z-Debatte braucht einen Perspektivwechsel.
Nicht das Geburtsjahr entscheidet über Werte, sondern die Lebensrealität – und vor allem die innere Motivation. Die innere Motivation wird angetrieben von der Entscheidung darüber, welche Grundbedürfnisse im Vordergrund stehen.

Meines Erachtens wird bei diesen Generationen-Zuordnungen ein grundlegender Fehler gemacht: während Babyboomer aufgrund ihrer großen Anzahl auch einen hohen Bewerber-Wettbewerb hatte und nicht ohne Weiteres ihr Grundbedürfnis der Einzigartigkeit ausleben konnten, wozu Purpose, Identität und Ansehen zählen, und oft anstatt dessen beispielsweise die Sicherheit vorzogen, was Konstanz und Beständigkeit entspricht. Dass also manches der Klischee-Zuordnungen durchaus dennoch passen, ist meines Erachtens dem geschuldet, dass heute einfach ein geringerer Wettbewerb unter Bewerbern herrscht, wo so manches Grundbedürfnis in den Vordergrund rücken kann, das in einem hohen Wettbewerb gar nicht Platz hätte.

Also sollte man bei all den Zuordnungen 2 wesentliche Punkte nach vorne stellen:

1. Wettbewerb hoch ja/nein

2. Welches Grundbedürfnis ist dem Einzelnen für den jeweiligen im Karrierepfad wichtig?

Anstatt Generationen-Zuordnungen müssten zuallererst diese Punkte abgefragt werden. Gerade HR sollte deshalb in der eigenen Strategie insbesondere Grundbedürfnisse adressieren (im Employer Branding, in Stellenausschreibungen usw.). Wer Angst hat vor allzu viel Work-Life-Balance und Purpose, stellt die Fragen bereits im Jobinterview zielgerichteter auf die 6 Grundbedürfnisse aus: Wachstum, Verbindung, Sicherheit, Freiheit, Einzigartigkeit und Geben.


Wer diese erkennt und gezielt adressiert, gewinnt nicht nur Talente, sondern entfaltet sie auch.

Eins möchte ich abschließend noch bemerken: die aktuelle Umfrage macht auch eines klar – obwohl die wirtschaftliche Lage eher schlecht ist, haben „(…) viele Menschen in Deutschland das Gefühl, von der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung im Land persönlich nicht betroffen zu sein und blicken relativ optimistisch auf ihre individuelle Situation“. Wir müssen uns über eines im Klaren sein: wir haben zudem eine Erbengeneration, die bereits sicher weiß, dass sie dadurch materiell gut aufgestellt ist. Die Platzierung von Fragen nach Grundbedürfnissen bereits bei Job-Profilen, bei Job-Interviews scheint mehr als wichtig, will man sich mit den Bewerbern „matchen“. Es gibt immer noch genügend Talente, denen beispielsweise Gehalt (Sicherheit) und Wachstum (Persönliche Entwicklung) wichtiger sind als Purpose (Einzigartigkeit) oder „Von-Überall-aus-Arbeiten“(Freiheit). Wer also Grundbedürfnisse nicht adressiert, gelangt in die Falle des Mismatching.

Quelle: ZDF, April 2025

Ergebnis von Umfrage :„Gen Z“: Fast jeder Zweite zu Jobwechsel bereit,

 

Trends, Aktuelles, Best Practice

Think Tank Shorts – Die kompakte HR-Wissensreihe für modernes Personalmanagement und Talente.

Mehr erfahren